Es ist mir bewusst, dass dieser Titel sehr provokativ wirken kann.
Als Paartherapeutin erlebe ich immer wieder, dass Untreue, eine Affäre, ein Seitensprung oder wie immer Sie es nennen wollen, nicht das Ende einer Beziehung bedeuten muss.
Für die Betrogene oder den Betrogenen ist es ein sehr grosser Schock. Das Vertrauen ist zerstört und das Gefühl, alles sei zu Ende, bleibt hängen.
Wichtig ist es, dass Sie in diesem Schockzustand keine voreilige Entscheidung treffen. Rasche Beziehungsabbrüche machen Entwicklungschancen kaputt. Nehmen Sie sich Zeit, suchen Sie Unterstützung.
Wenn beide Partner gewillt sind, in der Beziehung zu bleiben, sind die Chancen für einen neuen Aufbruch in eine neue Verbindung möglich.
Es braucht Zeit und beiden Partnern muss klar sein, dass es niemals mehr sein wird, wie es war. Das kritische Lebensereignis gehört fortan zur Geschichte des Paares.
Viele Fragen müssen beantwortet werden, um die Untreue erfassen zu können. Ein Paar kommt nicht um die Fragen herum:
- Wieso ist dies passiert?
- Was fehlt uns vielleicht in unserer Beziehung?
- Haben wir uns auseinandergelebt, wo ist unsere Nähe geblieben?
- Was sind unsere Gemeinsamkeiten und welche Bereiche kann jeder für sich leben?
Es gibt Paare, die nach diesem Prozess feststellen können, dass sie nach der Untreue die innigere Beziehung als vor der Untreue leben können.
Es braucht einen langen Atem – doch es ist möglich und es lohnt sich.
Barbara Hurni Spiegel
Paar- und Familientherapeutin
Solothurn, im Juli 2018